Auch Stummfilmvorführungen waren nicht stumm. Doch im Unterschied zu Tonfilmen war die akustische Begleitung hier nicht zuvor aufgezeichnet, sondern wurde live im Kino produziert.


Während man hierbei typischerweise an den Pianisten denkt, der neben der Leinwand saß und beschwingte Melodien klimperte, gab es in großen Kinos ganze Orchester, die die Musikbegleitung übernahmen, während Geräuschemacher für die Geräusche zuständig waren.
Erste Experimente, aufgezeichneten Ton mit Film zu synchronisieren, gab es bereits Ende des 19. Jahrhunderts: 1889 stellte William Kennedy Laurie Dickson, ein Mitarbeiter von Thomas Edison, den Kinetophonographen vor, der auf Schallplatte aufgenommenen Ton mit Film synchronisierte. Wie viele frühe Innovationen im Filmbereich setzte sich jedoch auch diese nicht durch, und es vergangen fast 40 Jahre, bis der erste Ton-Spielfilm Premiere feierte.

Analog

Vitaphone
American Telephone & Telegraph (AT&T) entwickelten Mitte der 20er Jahre des vorigen Jahrhunderts ein System, das Warner Brothers 1926 als Vitaphone zum Einsatz brachte. Auch hierbei wurde ein Plattenspieler mit dem Filmprojektor synchronisiert. Am 6. August 1926 wurde der erste Ton-Spielfilm uraufgeführt, „Don Juan“, bei dem Musik und Geräuscheffekte von der Schallplatte kamen. 1927 erschien dann mit „The Jazz Singer“ der erste Spielfilm, der auch gesprochene Dialogpassagen und Gesang beinhaltete (der erste talkie). „Lights of New York“ war 1928 dann der erste Film, bei dem alle Dialoge gesprochen wurden, somit der erste Tonfilm im heutigen Sinne.
Das System bot lediglich einen Tonkanal, also Monoton. Vitaphone wurde noch einige Jahre verwendet, bis es zugunsten einer anderen Methode verschwand: dem Lichtton.

Movietone
Dieser auch heute noch bestehende Standard, den Ton auf dem Film selbst unterzubringen, wurde zuerst von der Fox Film Corporation eingesetzt, wobei mit Fox Movietone ein Verfahren verwendet wurde, das mittels einer photo-elektrischen Zelle Schallwellen in Lichtwellen verwandelte, die am Rand des Films aufgenommen werden konnten (der optical track, oder Lichtton) und durch einen speziellen Projektor wieder abgespielt wurden.
Movietone arbeitete mit Sprossenschrift (variable density): Die Breite der Tonspur bleibt immer gleich, es änderst sich jedoch ihre Dichte. Es entstehen somit Sprossen, da die Tonspur mal schwärzer, mal weißer ist.
Ein Lichtstrahl von einer Lampe oder einer LED scheint durch die Tonspur und wird von einer Fotozelle bzw. Fotodiode empfangen, die ihn in Strom umwandelt und diesen über Verstärker an die Lautsprecher schickt. Je nachdem, wie viel bzw. wenig Licht die Zelle bzw. Diode erreicht, ergibt sich eine andere Spannung, und es entstehen andere Töne.
Allerdings wurden hiermit zunächst keine Spielfilme produziert, sondern Nachrichten, die jedoch erstmals schon fünf Monate vor der Premiere des „Jazz Singer“ aufgeführt wurden, am 30. April 1927. Der erste Spielfilm mit Movietone: „Sunrise“, ebenfalls von 1927 (mit Musik, Geräuscheffekten und einigen gesprochenen Wörtern). Es handelte sich bei Movietone ebenfalls um ein System mit nur einem Tonkanal.
Auch Movietone wurde nur einige Jahre verwendet, abgelöst wurde es von Western Electric.

Western Electric/Westrex
Western Electric/Westrex funktionierte ähnlich wie Movietone, bot aber eine bessere Klangqualität. Es arbeitete ebenfalls mit Sprossenschrift, und bot einen Tonkanal. 1928 eingeführt, dominierte es die 30er-Jahre. Ab Mitte der 40er verlor es aufgrund technischer Unterlegenheit gegenüber Photophone an Bedeutung, bis es schließlich zum Ende der 50er so gut wie gar nicht mehr verwendet wurde.

Photophone
Neben Movietone und Western Electric gab es noch ein weiteres Verfahren für Lichtton, RCA Photophone. Der Unterschied zu den anderen beiden: Photophone arbeitete mit Zackenschrift (variable area): Im Gegensatz zur Sprossenschrift ist die Tonspur konstant weiß und von einem schwarzen Rand umgeben, sie wird jedoch mal breiter, mal schmaler, wodurch Zacken entstehen. Die Zackenschrift wird bis heute beim analogen Lichtton verwendet, doch auch Sprossenschrift kann heute zumindest noch wiedergegeben werden.
Durch stetige technische Verbesserungen löste Photophone Western Electric als dominantes System ab Mitte der 40er-Jahre ab. Es arbeitete abermals in mono.
Auch Photophone ereilte jedoch schließlich das Schicksal der Aufgabe.

1928 erwarben aber zunächst auch Paramount, MGM und United Artists eine Lizenz für das Ton-auf-Film-Verfahren. Es dauerte dann nur wenige Jahre, bis überhaupt keine Stummfilme mehr produziert wurden. 1935 waren Tonfilme auch international der Standard.

Fantasound
1940 erschien mit „Fantasia“ der erste Film mit Stereoton. Stereo ist hierbei gleichbedeutend mit Mehrkanalton (und nicht mit Zweikanalton wie bei der Stereoanlage oder dem Fernseher), das verwendete Fantasound-System hatte z.B. 3 Kanäle. Hierbei wurde für den Ton ein separater Film verwendet, der 4 optische Tonspuren aufwies, von denen eine für die Lautstärkeregelung zuständig war.
Man ahnt es fast: Auch Fantasound wird heute nicht mehr verwendet.

Magnetton
Durchsetzten konnte sich Stereoton zunächst nicht. Zwar kam nach dem 2. Weltkrieg das Magnetband auf, wodurch es einfacher wurde, verschiedene Spuren aufzunehmen und zu schneiden, die dann entweder als optische Mono-Spur auf den Film gedruckt, oder als mit dem Film verbundener Magnetstreifen als Mehrkanalton abgespielt werden konnten. Da letztere Variante aber sehr kostenintensiv war, wurden zumeist noch bis Mitte der 70er Jahre die althergebrachten optischen Monospuren verwendet.
Trotzdem gab es hin und wieder solche Magnettonfilme, die bis zu 7 Tonkanäle aufwiesen.

70mm Filme in Todd-AO, Super Panavision 70, Ultra Panavision 70 bzw. MGM Camera 65, oder 70mm-Kopien von Technirama hatten 6 Kanäle: 5 hinter der Leinwand, 1 Surroundkanal.
1979 führte Dolby die noch heute gebräuchliche 5.1 Konfiguration ein: links, Center, rechts, links hinten, rechts hinten sowie Tiefbass. Erster Film mit dieser Konfiguration: „Apocalypse Now“ von 1979 (allerdings kein „echter“ 70mm-Film, sondern auf 70mm vergrößert). Der erste Film mit Magnetton, der eine nennenswerte Verbreitung erlangte, hatte sogar 7 Kanäle (5 hinter der Leinwand und 2 Surroundkanäle): „This is Cinerama“ von 1952.

35mm Filme in CinemaScope, oder 35mm-Reduktionen der 70mm-Verfahren oder von Technirama konnten 4 Kanäle haben (3 vorne, 1 hinten) und/oder eine optische Monospur.

Genau: Auch Magnetton wird heute nicht mehr gebraucht.

Dolby Stereo
Der Durchbruch für Mehrkanalton auf breiter Basis kam schließlich durch Dolby Stereo. Hierbei wurden statt der optischen Monospur zwei optische Spuren verwendet, aus denen insgesamt 4 Kanäle gelesen wurden: neben dem linken und rechten noch der Center- und der Surroundkanal, die sich in der Bildmitte bzw. seitlich und hinter den Zuschauern finden. Center- und Surroundkanal werden mittels Matrixcodierung aus dem linken und rechten Kanal extrahiert (sie existieren somit nicht als eigene, unabhängige Tonspur, sondern sind den beiden anderen beigemischt). Auch in Kinos, die nicht mit Dolby-Stereo ausgerüstet waren, ließen sich diese Kopien abspielen, dann allerdings meist in Mono und mit schlechterer Klangqualität. Erster Film in Dolby Stereo: „Lisztomania“ von 1975, noch mit 3 Kanälen (links, Center, rechts). Der wohl wichtigste: „Star Wars“ mit vier Kanälen von 1977.
Abermals: aufgegeben (zu Gunsten von Dolby SR).

Dolby Spectral Recording
1986 erschien Dolby Spectral Recording (SR), das eine gegenüber Dolby Stereo verbesserte Tonqualität bot, aber auch auf Dolby Stereo-Systemen abgespielt werden konnte. Diese Abwärtskompatibilität sollte sich auch bei zukünftigen Systemen als entscheidend erweisen. Erste Filme: „Innerspace“ und „Robocop“, beide 1987.
Eine Dolby SR-Spur findet sich auch heute noch auf jedem Film.

Digital

Cinema Digital Sound
1989 stellte Eastman Kodak das erste Digitaltonsystem vor, welches den Ton ebenfalls als optische Spur (als Pixelmuster statt als Zackenschrift) auf den Film druckt: Cinema Digital Sound (CDS). Hier, wie bei allen folgenden digitalen Lichttonverfahren, werden die Toninformationen von einem Fotoempfänger (charge-coupled device, CCD) aufgenommen, zu einem Dekoder geleitet, dekodiert, und dann über Verstärker an die Lautsprecher geschickt. Es gab 5.1 Kanäle.
Die digitalen Spuren wurden bei Cinema Digital Sound allerdings anstelle des normalen Analogtons auf den Film gedruckt, was sowohl eigene Kopien notwendig machte, als auch den Wegfall einer Sicherheitsspur für den Fall des Ausfalls des Digitaltons mit sich brachte. Die Klangqualität war jedoch besser als die der folgenden Digitaltonsysteme. Erster Film: „Dick Tracy“ von 1990.
Das System lebte aufgrund der beschriebenen Einschränkungen nur 2 Jahre.

Dolby Digital
Ähnlich funktioniert Dolby Digital: Zusätzlich zur analogen Dolby SR-Spur wird hierbei eine digitale optische Sechskanal-Spur auf den Film gedruckt. Die Spur befindet sich in den Bereichen zwischen den Transportlöchern des Films. Auch hier gibt es 5.1 Kanäle. Neben der gegenüber Dolby SR erhöhten Kanalzahl ist abermals die Klangqualität verbessert. Auch dieses System ist, im Gegensatz zu Cinema Digital Sound, aufgrund der immer noch vorhandenen Analogspur abwärtskompatibel. Der erste Film: „Batman Returns“ von 1992.
Dolby Digital erfreut sich noch immer größter Beleibtheit.

DTS Digital Sound
Gewissermaßen eine Rückbesinnung auf die Anfangszeiten des Tonfilms ist Digital Theater Systems’ DTS Digital Sound (DTS): Hier wird der Digitalton nicht auf den Film gedruckt, sondern kommt von CD-ROMs. Auf dem Film befindet sich neben dem Analogton und anderen Digitalton-Spuren eine optische Timecode-Spur, die für die Synchronisierung sorgt (und von einem optischen LED-Leser ausgelesen wird). Auch hier sind 5.1 Kanäle der Standard. Der erste Film war „Jurassic Park“ von 1993.
Seit 2005 heißt die Firma offiziell nur noch DTS. 2008 wurde die Kinosparte an Datasat Digital Entertainment verkauft, das Tonverfahren heißt jedoch nach wie vor DTS.
Auch DTS wird noch verwendet.

Sony Dynamic Digital Sound
Sony Dynamic Digital Sound (SDDS) zeichnet den Digitalton wiederum als zwei fortlaufende Spuren an den Filmseiten auf (statt wie Dolby Digital zwischen den Transportlöchern auf einer Seite) und bietet 8 Kanäle, 5 vorne, 2 hinten, und einen Tiefbass-Kanal. Die meisten SDDS-Tonmischungen werden jedoch nur in 5.1 erstellt, da sich der Aufwand für beiden zusätzliche Kanäle selten lohnt. Beide Seiten enthalten Backup-Spuren für die jeweils andere, außerdem gibt es auch hier wieder eine Analogspur als zusätzliches Backup. Erster Film: „Last Action Hero“ von 1993.
Ebenfalls noch im Einsatz.

Dolby Digital Surround EX
Dolby Digital Surround EX bietet einen dritten, mittleren, Surroundkanal (aber nicht diskret, also als unabhängigen Kanal, sondern matrixkodiert in die beiden anderen Surroundkanäle), wurde 1999 eingeführt, und ist abermals abwärtskompatibel. Der erste Film: „Star Wars Episode I“.
Wird noch verwendet.

DTS-ES
Auch DTS-Extended Surround bietet drei Surroundkanäle, der mittlere ist hier aber genauso diskret wie die beiden anderen. Es handelt sich also um ein „echtes“ 6.1-System. Eingeführt wurde es 2000.
Auch DTS-ES wird noch verwendet.

Heutige 35mm-Filmkopien enthalten also für gewöhnlich 4 Tonspuren: links und rechts außen die SDDS-Spur, zwischen den linken Perforationslöchern die Dolby Digital-Spur, rechts daneben Dolby SR, und rechts daneben den DTS-Timecode.


Tonspuren beim 35mm-Film


Auf 70mm-Filmen finden sich 6 Magnettonspuren: links und rechts außerhalb der Perforationslöcher jeweils zwei, auf der Innneseite jeweils eine.


Tonspuren beim 70mm-Film


Dolby Surround 7.1
Dolby Surround 7.1 findet sich nur bei digitaler Projektion. Zusätzlich zu einem linken und einem rechten hinteren Kanal gibt es hier auch einen linken und einen rechten hinteren Center-Kanal. Der erste Film mit Dolby Surround 7.1 war „Toy Story 3“ von 2010.

Barco Auro
Barco Auro gibt es in fünf Varianten und ebenfalls nur bei Digitalprojektion: mit 9.1, 10.1, 11.1, 12.1 und 13.1. Kanälen.
Auf dem herkömmlichen 5.1-Modell mit drei Kanälen vorne (links, Center, rechts), zwei hinten (links und rechts) und einem Subwoofer bauen die 9.1- bis 11.1-Varianten auf: 9.1 fügt jedem der Eck-Kanäle (vorne links und rechts, hinten links und rechts) einen Höhenkanal hinzu; 10.1 bringt einen zusätzlichen Höhenkanal über den Köpfen der Zuschauer; 11.1 schließlich dazu noch einen Höhenkanal über dem Centerkanal.
Die Varianten mit 12.1 und 13.1 Kanälen basieren auf dem 6.1-Modell, das gegenüber dem 5.1-Modell auch über einen hinteren Centerkanal verfügt. Bei 12.1 kommt also gegenüber 11.1 noch dieser hintere Centerkanal hinzu, bei 13.1 zusätzlich ein Höhenkanal über diesem rückwärtigen Centerkanal. Der erste Film in Barco Auro 11.1 war „Red Tails“ von 2012.

Dolby Atmos
Dolby Atmos, abermals nur bei Digitalprojektion anzutreffen, arbeitet mit einer Mischung aus herkömmlichen kanalbasierten Tonquellen (Betten genannt, zum Beispiel das Hintergrundgemurmel in einer Restaurant-Szene) und solchen, die unabhängig von der Anzahl der Lautsprecher im Kinosaal positioniert werden (Objekte genannt, zum Beispiel ein lautes Niesen in einer Restaurant-Szene). Die Objekte können von mehreren Lautsprechern gleichzeitig, aber auch nur von einem einzigen Lautsprecher, wiedergegeben werden (was zuvor nur bei den Frontkanälen möglich war). Die kanalbasierten Tonquellen können wie gehabt zum Beispiel mit 5.1 oder 7.1 Kanälen wiedergegeben werden.
Insgesamt bietet Dolby Atmos 128 Spuren, die sich aus Betten und Objekten zusammen setzen; diese 128 Spuren können auf bis zu 64 (61.3) Lautsprecher verteilt werden. Dolby empfiehlt zusätzliche Frontlautsprecher (linker Center und rechter Center), einige an den vorderen Seiten des Kinosaales, einige in zwei Reihen über den Köpfen der Zuschauer, und rückwärtige Subwoofer. Die Spuren mit den Objekten werden dabei je nach Lautsprecher-Layout des Kinosaals individuell auf die jeweils tatsächlich vorhandenen Lautsprecher aufgeteilt. Das Ganze ist dabei rückwärtskompatibel, kann also auch in Kinos ohne Dolby Atmos wiedergegeben werden, dann als gewöhnlicher 5.1 oder 7.1 Soundtrack. Der erste Film in Dolby Atmos war „Brave“ von 2012.

Weitere Links:

Dolby

DTS

SDDS

Datasat Digital Entertainment

Barco Auro