Noch mehr als in der Premiere verdeutlicht die 2. Folge von Picard, Maps and Legends bzw. Karten und Legenden, dass die Star Trek-Welt fast drei Jahrzehnte nach dem Ende der Next Generation sehr wenig utopisch und futuristisch ist. Picards Weingut ist hier das größte Statement, denn die Behausung mutet so gegenwärtig an wie Kirks Blockhütte in Generations.

Und während der Look der Kulissen viele Anleihen bei der Vergangenheit nimmt, gibt die Sternenflotte – und als Erweiterung die Föderation und die Gesellschaft allgemein – wenig auf die alten Ideale. Dies macht ein Besuch Picards im Hauptquartier schmerzlich deutlich.

Die erbarmungslose Sternenflotte

Weder wird er am Einlass erkannt, noch schenkt eine Admiralin seiner Bitte um ein Schiff Gehör. Im Gegenteil: Sein Anliegen bezeichnet sie als erbärmlichen Wahn, und die Entscheidung, die Rettungsmission für die Romulaner abzublasen, wird so bürokratisch-pragmatisch wie inhuman begründet.

Picard bei der Sternenflotte (© CBS/Amazon)

So gefühlskalt wie die Sterenflotte hier handelt, ist es ein Wunder, dass sie zumindest in der Vergangenheit immer wieder freundliche, mitfühlende Raumschiffbesatzungen wie die der verschiedenen Enterprises hervorgebracht hat.

Plottechnisch vertieft Episode 2 die Mysterien, die in der 1. Folge aufgeworfen wurden. Dabei rückt Patrick Stewarts Charakter zeitweilig etwas in den Hintergrund, während anderswo kräftig intrigiert wird.

Der Androiden-Apltraum

Wie die Premiere beginnt auch die 2. Folge mit einer Rückblende, allerdings nicht in Picards Traum, sondern direkt auf die Utopia Planitia Flottenwerft zum Zeitpunkt der Anschläge durch die Synthetics. Über deren Motive erfahren wir zwar nichts weiter, erleben einen von ihnen aber dabei, wie er anscheinend fremdgesteuert die Schilde für den Angriff herunterlässt und danach seine menschlichen Kollegen und sich selbst tötet.

Doch auch schon vor dieser Tat wirken die Androiden so unglaublich gruselig, dass sich zwei Fragen aufdrängen: Wer kommt auf die Idee, derartige Maschinenwesen zusammen mit solchen aus Fleisch und Blut einzusetzen? Und wieso ist es in Hunderten von Jahren unmöglich, Roboter nicht wie Alptraumgestalten aussehen zu lassen, wo es doch schon heutzutage solche gibt, die halbwegs menschlich wirken?

Das romulanische Geheimnis

Picard macht sich derweil in der „Gegenwart“ daran, zusammen mit seinen romulanischen Mitbewohnern Zhaban (Jamie McShane) und Laris (Orla Brady) mehr über Dahjs Tod und ihre Zwillingsschwester herauszufinden. Dabei erzählen ihm die beiden, die offenbar einst Mitglieder des romulanischen Geheimdienstes Tal Shiar waren, ebenso Erstaunliches wie Retconniges:

Picard erfährt Erstaunliches (© CBS/Amazon)

Offenbar gibt es eine noch weitaus geheimere Geheimorganisation der Romulaner, Zhat Vash genannt. Diese zeichnet ein unbändiger Hass auf künstliche Intelligenz aus, weshalb es wie die Faust aufs Auge passen würde, dass sie hinter Dahjs Ermordung stecken.

In deren Appartement findet Laris durch äußerst kompliziert erscheinende Detektivarbeit, die selbst Data als Sherlock Holmes oder Picard als Dixon Hill beeindrucken würde, heraus, dass Dahjs Zwilling sich nicht auf der Erde befindet. Picards Entscheidung, sich deshalb noch einmal auf in den Weltraum zu machen, schiebt die Sternenflotte allerdings wie erwähnt einen Riegel vor. So muss er dann auf eigene Faust eine Crew zusammenzustellen.

Picard sucht eine Crew (© CBS/Amazon)

Explizit möchte er dabei nicht auf Riker, Worf und La Forge zurückgreifen, die ihm Zhaban nahelegt (von Troi und Crusher ist gar nicht die Rede, hmmm ...). Seine Mission würde sie nur unnötig in Gefahr bringen, da sie ihm aus alter Verbundenheit keinen Wunsch abschlagen könnten.

So zieht es ihn schließlich in die Wüste, wo er eine alte Freundin aufsucht, die ganz neu im Star Trek-Kosmos ist: Raffi Musiker (Michelle Hurd). Über sie erfahren wir aber zunächst noch weniger als über Dr. Jurati in der 1. Folge. Allerdings scheinen beide noch ein Hühnchen zu rupfen zu haben.

Der mysteriöse Borgwürfel

Was wiederum Picard nicht erfährt: Seine Anfrage bei der Sternenflotte lässt die vulkanische (oder doch romulanische?) Sicherheitschefin Commodore Oh (Tamlyn Tomita) nervös werden: Sie beauftragt eine gewisse Lieutenant Rizzo (Peyton List), mehr über Dahjs Schwester herauszufinden, und zwar schnell.

Narek und Soji (© CBS/Amazon)

Damit ist bereits Rizzos Bruder Narek (Harry Treadaway) befasst, der auf dem von den Romulanern erforschten Borgwürfel mit Soji (Isa Briones) nicht nur den Arbeitsplatz, sondern inzwischen auch das Bett teilt. Der vom Kollektiv getrennte Würfel wird diesmal mit weitaus wilderen Kamerafahrten betreten, als er in der vorigen Folge verlassen wurde. In ihm machen sich Soji und andere daran, ehemalige Borg-Drohen, nun Nameless genannt, von ihren Implantaten zu befreien.

Die mysteriös-bedrohliche Stimmung auf dem Würfel steht sinnbildlich für die ganze Folge, die sich von der Melancholie der 1. Episode hin zu einer Detektiv- und Verschwörungsgeschichte entwickelt. Wird Folge 3 der Serie abermals eine weitere Facette hinzufügen?

Picard-Fragen:

  • Wer steckt hinter den Handlungen der Synthetics auf dem Mars? Die Zhat Vash?
  • Warum hassen die Zhat Vash künstliche Intelligenz?
  • Was wollen die Romulaner mit der Borg-Technologie? All ihre Feinde borgifizieren?
  • Fun-Fact: Tamlyn Tomita spielte auch im Pilotfilm von Babylon 5 eine Offizierin, die im Geheimen gegen die Earthforce gehandelt hätte, hätte sie es denn in die Serie geschafft.

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