Nachdem die Handlungsstränge von Star Trek: Picard in der vorigen Folge beim Borgwürfel zusammenliefen, trennen sich in Episode 7, Nepenthe, die Wege wieder: Während Hugh und Elnor auf dem Würfel ums Überleben kämpfen, zieht es Picard und Soji zu alten Bekannten, wohin ihnen Rios und Co. folgen müssen, wiederum von Narek verfolgt.

Riker, Troi und die Einhornkaninchen

Der Besuch von Picard (Patrick Stewart) und Soji (Isa Briones) bei Riker (Jonathan Frakes), Troi (Marina Sirtis) und ihrer Tochter Kestra (Lulu Wilson) ist wie eine folgenlange Umarmung inmitten all der Schrecknisse, die ihre Odyssee bereithält. So viel Wärme, Freundlichkeit und Nachhausekommgefühl gab es bisher noch nicht.

Zumal Troi und Riker auch die beiden einzigen Rückkehrer sind, die sich nicht grundlegend verändert haben und/oder am Ende der Folge tot sind. Niemand flucht dort wie ein Bierkutscher, keiner wird zum Mörder. Kestra jagt zwar Einhornkaninchen als Pizzabelag, erklärt sich aber zur Pazifistin. Und will auch nicht Kopfgeldjägerin werden.

Umarmung unter Freunden (© CBS/Amazon)

Jonathan Frakes’ Riker scheint sein neues Leben als Vater und Pizzabäcker wirklich zu lieben, ist aber trotzdem noch ganz der Alte. Auch wenn Marina Sirtis erst im Abspann auftauchen darf und nicht wie Jonathan Frakes als Special Guest Star im Vorspann genannt wird, hat sie als Troi einige wundervolle Szenen mit Soji und Picard, die ihren Gastauftritt mehr als rechtfertigen.

Zwar teilen die Troi-Rikers Picards Geschmack, was eine altmodisch eingerichtete Behausung anbelangt, reden ihm aber trotzdem ins Gewissen, was sein Verhalten allgemein und speziell gegenüber Soji betrifft. Davon abgesehen wirkt Picard im Kreise seiner alten Freunde so picardig wie bisher selten in der Serie.

Picard, Troi und Kestra (© CBS/Amazon)

Sehr schön auch das Knüpfen von freundschaftlichen Banden zwischen Kestra und Soji. Zu Sojis Befürchtung, ob das alles nicht nur eine Illusion ist, um ihr Vertrauen zu gewinnen, hätte Riker allerdings durchaus von seinen eigenen Erlebnissen mit virtuellen Umgebungen in der Next Generation-Episode Frame of Mind berichten können.

Dass Troi und Riker über ihren verstorbenen Sohn ebenfalls eine Verbindung zum Verbot von Synthetics haben, bettet sie zwar in die übergreifende Handlung der Staffel ein, wirkt allerdings auch wie ein wenig zu viel des Guten bzw. Schlechten.

Exekution der Ex-Borg

Hugh (Jonathan Del Acro) hingegen wird in dieser Folge ebenfalls einer der im neuen Star Trek ach so beliebten überraschend-schockierenden Tode zuteil. Zwar hatte er davor mehr Bildschirmzeit als Maddox und Icheb, so richtig zwingend scheint seine kurze Rückkehr aber auch nicht gewesen zu sein. Oder, andersherum: Es wäre schön gewesen, noch viel mehr davon zu erfahren, was ihn zu dem gemacht hat, der er inzwischen war, mehr von seinen Ausführungen zum Schicksal der Ex-Borg zu hören.

Nareks Schwester Rizzo (Peyton List) steigt durch den Mord an Hugh und das Ermordenlassen der anderen Ex-Borg zwar eine weitere Stufe auf der Fiesigkeitsleiter empor, erhält dabei aber leider keine neue Facette.

Jurati und die Apokalypse

Auf Seiten von Picards neuer Crew erfahren wir endlich, womit Commodore Oh (Tamlyn Tomita) Jurati (Alison Pill) überzeugen konnte, Maddox zu töten. Allzu überzeugend kommt ihr Argument aber nicht rüber. Mittels Gedankenverschmelzung (ist Oh also doch eine Vulkanierin, oder haben inzwischen auch Romulaner diese Technik erlernt?) zeigt sie Jurati Bilder einer apokalyptischen Zukunft. Diese würde eintreten, wenn nicht alle Synthetics ausgeschaltet werden.

Nun weiß man als Zuschauer natürlich nicht, welch tiefgehenden Eindruck solch eine Gedankenverschmelzung hervorruft, allerdings scheint das Ganze ähnlich halbseiden wie das Vorgehen Palpatines in Star Wars: Episode III, um den naiven Anakin auf seine Seite zu ziehen.

Jurati denkt nach (© CBS/Amazon)

Zwar ist auch Jurati recht naiv, als Wissenschaftlerin sollte sie aber vielleicht doch die eine oder andere Frage stellen. Immerhin spritzt sie sich schließlich den Tracker kaputt, was auch das EMH wieder zum Auftauchen bringt. Hat sie es so eingestellt, dass es erst mit ihrem drohenden Tod wieder aktiv wird, damit die Wahrheit ans Licht kommen kann?

Mit Nepenthe zeigt Star Trek: Picard auf jeden Fall über weite Strecken, dass es die ruhigen und hoffnungsvollen Momente sind, die die Serie sehenswert machen und nicht nur mit den altbekannten Figuren verknüpfen, sondern auch mit dem guten, alten Star Trek-Feeling.

Picard-Fragen:

  • Sind die Einhornkaninchen mit dem Einhornhund aus der Originalserie verwandt?
  • Wird sich der von Kestra zu Rate gezogene Captain Crandall auch als Schurke entpuppen?

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