Mit einer Staffel lässt es Star Trek: Picard nicht bewenden, schon vor der Premiere wurde die Serie um eine zweite Season verlängert. Auch wenn nicht klar ist, wann diese gedreht wird geschweige denn startet, folgt hier ein kleiner Weltraum-Wunschzettel für den zweiten Durchgang der wiederauferstandenen Captains-Legende.

1. Eine bessere Struktur der Staffel

Von Hauptdarsteller Patrick Stewart wurde Staffel eins von Star Trek: Picard als ein zehn Stunden langer Film angekündigt. Allerdings wirken zehn Folgen für das Endergebnis entweder zu lang oder zu kurz.

Einerseits gibt es zahllose Wiederholungen: Picard erzählt jedem, den er auf seinem Abenteuer trifft, aufs Neue von seinen Traumata, Rizzo rückt Narek wieder und wieder auf die Pelle, und Ereignisse der Vergangenheit werden erst geschildert, später noch einmal als Teaser gezeigt.

Treiben die ersten drei Episoden die Handlung zwar in gemächlichem Tempo, aber stringent voran, werden danach außerdem ausführlich zahlreiche Nebenwege betreten: Die Rekrutierung Elnors dauert eine ganze Folge, ebenso der Ausflug nach Freecloud und der Abstecher zu den Troi-Rikers. Auch für Musikers gescheiterte Familienzusammenführung ist Zeit, allerdings bringt all das den Plot wenig weiter. Dafür geht am Ende alles ganz schnell, wenn der Konflikt zwischen Synthetics und Organics durch gutes Zureden beigelegt wird und die Romulaner grantelnd abziehen müssen.

Picard lässt es erstmal ruhig angehen (© CBS/Amazon)

Andererseits werden viele Aspekte doch nur angerissen: Die Ex-Borg und deren Sorgen und Nöte hätten ebenso mehr Bildschirmzeit verdient gehabt wie Hughs Wandlung der letzten Jahrzehnte und die endgültige Aufarbeitung von Picards Borg-Trauma. So wirkt der ganze Borg-Komplex letztendlich wie ein (großer) Nachgedanke, der bis auf die Tatsache, dass die Borg wie die Synthetics „Machinenmenschen“ sind, wenig Verbindungen zur Haupthandlung aufweist.

Da Staffel zwei vermutlich wieder zehn Folgen umfassen wird, muss sie die Schicksale der Figuren also geschickter mit einer Haupthandlung verzahnen, die gleichmäßig voranschreitet und nicht immer wieder eine Verschnaufpause einlegt oder alles doppelt und dreifach präsentiert.

2. Mehr Substanz für Picards neue Crew

Die Mitglieder von Picards neuer Crew kamen in Staffel eins meist nicht über eine holzschnittartige Charakterisierung hinaus, sie sind auch am Ende mehr Platzhalter als Individuen. Der draufgängerische Captain Rios, die hochfunktionale abhängige Musiker, die weltfremde Wissenschaftlerin Jurati, der noch weltfremdere Schwertkämpfer Elnor: Alle müssen in Staffel zwei mit mehr Leben gefüllt werden, in vielfältigere Situationen geworfen, um ihre Einzigartigkeit beweisen zu können.

Picards neue Crew (© CBS/Amazon)

Denn auch wenn die Serie Star Trek: Picard und nicht Star Trek: La Sirena heißt, sind seine Mitflieger nun einmal da. Ansonsten könnte das ganze Schiff auch komplett von Rios-Hologrammen am Laufen gehalten werden.

3. Ein entschlossener Ton

Ähnlich sprunghaft wie das Tempo der Erzählung war auch ihr Ton: Die nachdenkliche Melancholie des Auftakts von Star Trek: Picard machte schon bald der treibenden Erforschung des Mysteriums um Dahj und Soji Platz, die mit zahlreichen (Weltraum-)Kämpfen und abgrundtief bösen (sowie eindimensionalen) Bösewichten gespickt war.

Folge fünf verblüffte zur Halbzeit schließlich mit einem Splatter-Auftakt, einem Comedy-Mittelteil und einem Selbstjustiz-Ende. Auch danach machte die Staffel nicht den Eindruck, als hätten Showrunner und Autoren eine große Erzählung im Sinn gehabt, die so und nicht anders werden musste, sondern würden mal dies, mal das versuchen.

Spässchen mit Augenklappe (© CBS/Amazon)

Währende verschiedene „Genres“ in einer Serie, in der jede Folge mehr oder weniger für sich steht, nicht fehl am Platze sind, wirkt ein wilder Flug durch die Emotionslandschaften bei einer Serie mit durchgehender Handlung hauptsächlich unentschlossen. Staffel zwei muss also entweder regelmäßig Humor, Horror etc. einbauen oder sich für eine Tonlage entscheiden.

4. Mehr von Laris und Zhaban

Picard romulanische Mitbewohner/Aufpasser Laris und Zhaban machten von Anfang an einen interessanteren Eindruck als die meisten seiner neuen Crewmitglieder und vor allem die Romulaner-Schurken. Zwar wurden sie dankenswerterweise nicht zum Kollateralschaden des Angriffs durch die Zhat Vash-Agenten, nach Picards Abflug tauchten sie allerdings nicht mehr auf.

Picard und seine Mitbewohner (© CBS/Amazon)

Staffel zwei täte gut daran, nicht nur ihre Hintergrundgeschichte darzulegen, sondern sie auch zu aktiveren Teilen der Handlung zu machen und so eine neue Perspektive reinzubringen.

5. Mehr Alltägliches

Wie der Klingonenkrieg und die Bedrohung des Universums bei Season eins und zwei von Discovery, stand auch bei der ersten Staffel von Star Trek: Picard eine riesige Aufgabe im Mittelpunkt: die Rettung der Organics. Solch eine Ausnahmesituation bringt es mit sich, dass für alltägliche Dinge wenig Zeit bleibt, die Crew fast nie einfach mal zusammensitzt und entspannt.

Aber gerade das macht es so schwer, die neuen Figuren richtig kennenzulernen, wenn sie von einer Extremsituation in die andere geworfen werden. Dabei hat Episode vier schon angedeutet, wie gut ein wenig Smalltalk tut, um das Geschehen aufzulockern und den Figuren die Gelegenheit zu geben, runder zu wirken und sich gegenseitig kennenzulernen.

Einfach mal reden (© CBS/Amazon)

Und auch wenn Star Trek: Picard explizit nicht wie die Next Generation sein soll, sind es doch gerade diese Momente zwischen den Figuren, die einen großen Teil vom typischen Star Trek-Gefühl ausmachen.

6. Pfiffigere Bösewichte

Mit Commodore Oh, Narissa und Sutra hatte Star Trek: Picard in Staffel eins drei Schurkinnen, die weder in ihren Zielen (am liebsten alle Gegner töten) noch in ihrem Vorgehen (extrafies drauf sein) über Cartoon-Niveau hinauskamen. Sie füllten letztendlich einfach die Leerstelle [Bösewicht] im Drehbuch aus.

Narek und Narissa (© CBS/Amazon)

Auch wenn Staffel zwei vermutlich nicht auf Schurken verzichten wird, müssen diese wenigstens komplexere Beweggründe haben, sich nicht wie das Krokodil im Kasperletheater benehmen und am Ende vielleicht sogar überzeugt werden, von ihrem Tun abzulassen.